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Gewaltfreie Kommunikation: Miteinander reden lernen nach Marshall Rosenberg

Ob in einer Beziehung, in der Familie oder im Job: Überall spielt Kommunikation eine wichtige Rolle und nicht selten werden wir verletzt oder verletzend. Die gewaltfreie Kommunikation sucht nach der Möglichkeit, einfühlsam zu kommunizieren.

Grundsätze der gewaltfreien Kommunikation

Hinter der gewaltfreien Kommunikation (GFK) steckt ein positiver Grundgedanke: Marhshall Rosenberg, der Erfinder der GFK, geht davon aus wir von Natur aus Freue daran haben, einfühlsam zu geben und zu nehmen. Nur manchmal verlieren wir den Kontakt zu diesem einfühlsamen Teil unseres Selbsts.

Mit der GFK möchte Marshall Rosenberg helfen, das Zuhören und Reden wieder einfühlsam zu gestalten. Wenn dich jemand etwas fragt, antwortest du mithilfe der GFK nicht mehr routinemäßig und automatisch, sondern nimmst deine Antwort ganz bewusst wahr. So schenkst du deinem Gesprächspartner deine respektvolle und einfühlsame Aufmerksamkeit.

Ganz automatisch sollst du mit der GFK lernen, aufmerksam zu beobachten und genau zu erkennen, was du oder der andere Mensch gerade brauchen. Eine wichtige Grundlage dafür ist Ehrlichkeit, die uns im ersten Moment Angst machen kann.

Das tolle der GFK-Methode ist: Es reicht, wenn einer der Gesprächspartner mit den Prozessen der GFK vertraut ist. Laut Rosenberg passt sich das Gegenüber automatisch an, wenn du im Sinne der GFK sprichst.

Für wen eignet sich die gewaltfreie Kommunikation?

Die GFK eignet sich in den unterschiedlichsten Situationen: In Beziehungen und Freundschaften, in der Familie, im Team bei der Arbeit, an Schulen, bei Verhandlungen oder Konflikten oder auch in der Schule. Überall, wo wir mit Menschen reden, treten wir in eine Beziehung mit ihnen. Die GFK lädt dazu ein, diese Beziehung zu stärken – durch eine Kommunikation, die einfühlsam, ehrlich und aufmerksam ist.

Wichtig dabei ist: Die GFK soll kein Instrument sein, andere von der eigenen Position zu überzeugen oder sie dazu zu bringen, etwas für uns zu tun. In erster Linie dient sie rein dem Ausdrücken unserer Gefühle und Bedürfnisse. Es darf keinen Zwang für dein Gegenüber geben, diesen Bedürfnissen auch gerecht zu werden.

Auch in politischen Auseinandersetzungen oder Konflikten wurde die GFK schon eingesetzt. Im Folgenden möchten wir dir die vier grundlegende Schritte der GFK genauer vorstellen: Beobachtungen, Gefühle, Bedürfnisse und Bitten.

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1. Komponente der gewaltfreien Kommunikation: Beobachtung

Der erste Schritt in der GFK ist das Formulieren der Beobachtung: Du gibst ein bestimmtes Verhalten von deinem Gesprächspartner oder eine Beobachtung aus deiner Umwelt wieder, zum Beispiel: „Du hast dein Zimmer heute nicht aufgeräumt.“

Dafür gibt es ein paar wichtige Regeln zu beachten:

  • Beschreibe deine Beobachtung wertfrei. Bilde keine Moralurteile oder keine Vergleiche.
  • Formuliere deine Beobachtung so konkret wie möglich und verallgemeinere nicht. Sag nicht: „Du besuchst mich nie“, sondern: „Du hast mich im letzten Monat nur dreimal besucht.“
  • Vermeide wertende Adjektive wie „faul“, „dumm“ oder auch Interpretationen von dem, was du zu beobachten glaubst. Wenn du etwas interpretierst, dann mach es immer kenntlich durch „Ich glaube“, „Ich finde“ oder „Ich befürchte“.
  • Auch das kleine Wörtchen „zu“ wird schnell zu einer Bewertung: „Du bist zu langsam“, „Du bist zu großzügig.“

Die Trennung zwischen Beobachtung und Bewertung ist vor allem deshalb wichtig, weil die meisten Menschen schnell abblocken, wenn sie das Gefühl haben, kritisiert zu werden.

Umgekehrt: Wenn jemand dir etwas vorwirft, versuche zu ergründen, welches Verhalten er eigentlich meint – und im nächsten Schritt, wie er sich wegen dieses Verhaltens fühlt.

Die 2. Komponente der gewaltfreien Kommunikation: Das Gefühl

Der zweite Teil der GFK wird schon schwieriger und kostet am Anfang oft Überwindung. Jetzt drückst du aus, was du fühlst. Das ist gleich aus zweierlei Sicht nicht einfach: Es erfordert ein hohes Maß an Ehrlichkeit. Wenn wir dem anderen Menschen unsere Gefühle mitteilen, öffnen wir uns. Wir haben vielleicht sogar das Gefühl, uns angreifbar und verletzlich zu machen.

Die zweite Schwierigkeit ist, dass wir uns unserer eigenen Gefühle erstmal bewusst werden müssen. Die Bandbreite an Gefühlen ist sehr umfangreich. Oft tappen wir in die Falle, dass wir gar nicht wirklich sagen, was wir fühlen, sondern nur ausdrücken, was wir über uns denken:

„Ich habe das Gefühl, versagt zu haben.“

„Ich habe das Gefühl, dass das sinnlos ist“

„Ich fühle mich unvorbereitet“

„Ich fühle mich, als ob ich einen Marathon gelaufen bin.“

All das sind Beispiele für Sätze, die kein Fühlen im eigentlichen Sinne beschreiben, sondern einen Vergleich, eine Interpretation oder das, was wir über uns selbst denken. Deshalb hilft nur eins: Übe dich darin, deine Gefühle so konkret und spezifisch auszudrücken. Vermeide vage, allgemeine Beschreibungen wie „Ich fühle mich gut /schlecht“.

Ebenso wichtig ist, die Verantwortung für die eigenen Gefühle zu übernehmen und nicht jemand anderem die Schuld dafür zu geben. Hier geht die GFK zur dritten Komponente über: Der Benennung deines Bedürfnisses, das hinter dem Gefühl steckt.

Die 3. Komponente der gewaltfreien Kommunikation: Das Bedürfnis

Hinter jedem Gefühl steckt ein Bedürfnis. Wenn du lernst, dieses Bedürfnis auszudrücken, dann wird es wahrscheinlicher, dass es erfüllt wird. Auch hier gilt: Versuche dein Bedürfnis nicht als Bewertung, Interpretation oder Vorstellung auszudrücken.

Das Bedürfnis ist der Weg, mit dem wir es dem anderen einfacher machen, einfühlsam auf uns zu reagieren. Wir sagen, wie wir uns fühlen und verknüpfen diese Information mit dem, was wir brauchen. Versuche dein Bedürfnis bei dir zu behalten und es nicht in der Form von „was hat der andere falsch gemacht“ zu formulieren.

Prüfe dich, wenn du ein Bedürfnis formulierst, immer wieder selbst: Redest du wirklich über das, was du brauchst? Oder redest du über etwas, was deiner Meinung nach mit dem Gegenüber nicht stimmt?

Auch dieser Schritt kostet zunächst Überwindung: Viele Menschen haben gelernt, ihre Bedürfnisse zurückzustellen und zu unterdrücken, oder verlernt, ihre Bedürfnisse auszudrücken. Deshalb wirst du anfangs womöglich womöglich erst üben müssen zu erkennen, was konkret du brauchst.

Versuche umgekehrt herauszufinden, was dein Gegenüber fühlt und braucht. Sprich es offen an mit „Was brauchst du?“

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Die 4. Komponente der gewaltfreien Kommunikation: Die Bitte

Das Bitten folgt am Schluss. Es ist die Bitte um das, was du brauchst, damit sich dein Bedürfnis erfüllt.

Auch hierfür stellt Marshall Rosenberg einige Grundregeln auf:

  • Positive Handlungssprache benutzen: Versuche deine Bitten immer positiv zu formulieren: Welcher positive Wunsch steckt hinter deiner Bitte?
  • Formuliere konkrete Tätigkeiten: Dein Gegenüber muss deine Bitte ausführen können. Vage, abstrakte Aussagen führen zu einer Misskommunikation und in der Folge zu noch mehr negativen Gefühlen. „Mich in Ruhe lassen“, „Verantwortungsgefühl zeigen“, solche Dinge interpretiert jeder anders und deshalb ist es unwahrscheinlich, dass dein Gesprächspartner deinem eigentlichen Bedürfnis gerecht wird, wenn du zu vage bleibst.
  • Sei dir bewusst, worum du bittest: Achte darauf, dass dein Gegenüber auch wirklich verstanden hat, dass du etwas erbittest und worum du bittest. So vermeidest du Missverständnisse. Im Zweifelsfall kannst du darum bitten, dass dein Gesprächspartner die Bitte nochmal wiederholt.
  • Eine Bitte, keine Forderung formulieren: Wichtig ist, dass unsere Bitte auch wirklich eine Bitte ist und keine Forderung. Wenn der andere die Bitte nicht erfüllt, darf ihm kein Schaden daraus entstehen. Versuche deshalb deutlich zu machen, dass du nur möchtest, dass deine Bitte erfüllt wird, wenn es aus freiem Willen geschieht.

Die andere Seite: Das Zuhören

Genauso wichtig wie deine eigenen Gefühle, Bedürfnisse und Bitten zu artikulieren, ist es, dem anderen zuzuhören: Versuche aufmerksam zuzuhören und dabei deine vorgefassten Meinungen und Urteile über deinen Gesprächspartner abzulegen.

Empathie erreichst du erst, wenn du wirklich zuhörst, ohne voreilig Interpretationen oder Ratschlägen zu liefern.

  • Was beobachtet der andere Mensch?
  • Was fühlt er?
  • Was braucht er?
  • Worum bittet er?

Erkunde diese Fragen auch mit Nachfragen und denke an das, was du umgekehrt auch auszudrücken versuchst: Versuche die Aussagen deines Gesprächspartners nicht als Anschuldigung an dich oder andere zu verstehen. Es geht eher darum zu ergründen, was er braucht.