Sinnlose Bullshit Jobs können fatale Folgen für die Beschäftigten haben. Was diese Jobs kennzeichnet und wie es auch anders geht, liest du hier.
Bullshit Jobs oder das Phänomen der unsinnigen Jobs
Bullshit Jobs lässt sich frei übersetzen mit „sinnlose Beschäftigung“. Der Wissenschaftler und Autor David Graeber stellt die These auf, dass die Zahl der Jobs steigt, die keinerlei Nutzen für die Gesellschaft haben. Dagegen nehmen jedoch Beschäftigungen ab, die Gebrauchsgüter oder Lebensmittel herstellen.
Diese Überlegungen formulierte David Graeber zunächst in einem Artikel, der 2013 im gesellschaftskritischen Magazin Strike erschien. In der deutschsprachigen Ausgabe des Magazins lautet der Titel „Über das Phänomen unsinniger Jobs“. Aus diesem Artikel heraus entwickelte er etwas später seine These der Bullshit Jobs, die als Buch erschien.
Bei den Bullshit Jobs, die David Greaber kritisiert, geht es nicht um Berufe, die zu anstrengend oder zu schlecht bezahlt sind. Eher das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Schon in seinem Artikel im Strike Magazin vermutet der Autor eine fatale Regel: Arbeiten, die offensichtlich der Gesellschaft nützen, werden in dem meisten Fällen schlecht bezahlt. Als Beispiele führt er Pflegepersonal, Müllleute oder Mechaniker:innen an.
Damit kann jede:r für sich den Umkehrschluss ziehen. Laut der Regel sind damit die unnützen Bullshit Jobs durchaus gut bezahlt. Wie es bei Regeln häufig der Fall ist, erkennt der Autor auch Ausnahme an und nennt hier als Beispiel Ärzt:innen.
Bullshit Jobs: Daran erkennst du sie
Bullshit Jobs sind meist administrative Tätigkeiten, die über einen gewissen Status in der Gesellschaft verfügen und gut bezahlt sind. Einige Beispiele aus dem Artikel: Leitendes Personal von Kapitalgesellschaften, Lobbyist:innen, Marktforscher:innen, Versicherungsstatistiker:innen oder juristische Berater:innen. Wie der Autor argumentiert, sind diese Beschäftigungen weit entfernt von Arbeiten, die eine Gesellschaft weiterbringen und ihr nützlich sind.
Im Buch gliedert David Graeber die Bullshit Jobs noch weiter in fünf Typen auf:
- Die Lakai:innen – Diese Tätigkeiten dienen dazu, dass andere sich wichtig fühlen. Beispiele sind unter anderem das Personal im Vorzimmer von Manager:innen.
- Die Schläger:innen – Ihre Tätigkeit verlangt ein gewisses Maß an Hartnäckigkeit. Beispiele sind Jobs in der Werbung, im Verkauf oder Lobbyarbeit.
- Die Flickschuster:innen – Sie werkeln an grundsätzlichen Problem im Unternehmen herum oder bügeln die Unzulänglichkeiten der Vorgesetzten aus. Hier findet sich zum Beispiel die Masse der Expert:innen oder Sachbearbeiter:innen.
- Die Kästchenankreuzer:innen – Sie dokumentieren Tätigkeiten anderer. Dadurch kann das Unternehmen nachweisen, dass es etwas umgesetzt hat, was in Realität vielleicht gar nicht benötigt wurde.
- Die Aufgabenverteiler:innen – Das sind zum Beispiel Vorgesetzte, die ihren Mitarbeiter:innen erklären, wie sie etwas machen sollen. Dabei wissen diese längst selbst und meist besser, was zu tun ist. In diese Gruppe gehört auch das Management, das Anweisungen für neue Bullshit-Tätigkeiten gibt, wie zum Beispiel die x-te Präsentation zum immer gleichen Thema.
In seinem Artikel stellt sich David Graeber die Frage, wie sich diese Menschen fühlen müssen. Er vermutet, dass die Betroffenen insgeheim selbst genau wissen, dass ihre Beschäftigung sinnlos ist. Nur wird es kaum öffentlich thematisiert. Die meisten der Beschäftigten fühlen sich durch finanzielle oder gesellschaftliche Zwänge an diese sinnlosen Arbeitsverhältnisse gebunden. Das ganze System der Bullshit Jobs kann dadurch fatalen Folgen mit sich bringen.
David Graeber stellt fest, dass diese Zwänge zu tief sitzendem Zorn und zu Verbitterung führen können. Tatsächlich kennt die Psychologie nicht nur einen Burnout, also die Erschöpfung durch zu viel Arbeit, sondern auch einen Boreout. Das ist ein Zustand, wenn dich die Arbeit nicht ausfüllt.
Wieso Bullshit Jobs? Wie kommt es dazu?
Das Phänomen der unsinnigen Jobs dürfte es eigentlich in der kapitalistischen Welt gar nicht geben. In der freien Marktwirtschaft, nach der die meisten westlichen Nationen das Wirtschaftsleben organisieren, steht Effektivität an oberster Stelle. Die Unternehmen optimieren ihre Prozesse, um sich so konkurrenzfähig zu zeigen. Warum füttern sie dann Beschäftigte in Bullshit Jobs durch?
Laut David Graeber ist dies eher ein politisches und moralisches Problem, als ein wirtschaftliches.
Schon in den 1930er Jahren war der Ökonom John Maynard Keynes der Überzeugung, dass die Menschen ihre Arbeit sehr bald in 15 Arbeitsstunden erledigen könnten. Der technologische Fortschritt führt zu einer zunehmenden Produktivität, dadurch nimmt die tatsächlich benötigte Arbeitszeit ab.
Laut Gablers Wirtschaftslexikon besagt Keynes Lehre, dass Staaten durch Finanzmittel aktiv die Beschäftigungspolitik unterstützen sollen.
Auch etwa 90 Jahren nach Keynes Prognose, hat sich die Arbeitszeitverkürzung nicht bewahrheitet. David Graeber zeigt in seinem Artikel, dass zwar viele der produktiven Stellen automatisiert sind. Maschinen und Roboter erledigen diese Arbeiten, soweit hatte Keynes recht. Doch anstatt nun allgemein kürzer zu arbeiten, entstehen immer mehr Dienstleistungsbranchen. Die Menschen arbeiten in neuen Bereichen, wie Finanzdienstleistung, Verwaltung, Werbung oder Wissenschaft und Gesundheit. Zum größten Teil Schreibtischtätigkeiten mit dem Potenzial zu Bullshit Jobs.
Der Autor sieht in dieser Verlagerung der Beschäftigungen die Ursache für die wachsende Zahl der Bullshit Jobs. Anstatt mehr Freizeit zu erhalten, finden sich die Menschen in Beschäftigungen wieder, bei denen sie die vertragliche Arbeitszeit irgendwie ausfüllen müssen. Dazu dienen eben die beliebten „Zeitfresser“, wie Präsentation, Besprechungen oder Konferenzen.
Bullshit Jobs – über den Autor
David Graeber war ein US-amerikanischer Anthropologe, der 2020 verstarb. Er lehrte als Professor an renommierten Universitäten, wie Yale und der London School of Economics. Bekannt wurde er unter anderem als Publizist von radikal, sozialkritischen Werken.
Die Anthropologie beschäftigt sich mit allem, was den Menschen betrifft. Die Wissenschaftler:innen erforschen zum Beispiel die Kulturen oder beschäftigen sich auch mit Politik, Wirtschaft oder der Biologie des Menschen.
- Das Buch: „Bullshit Jobs. Vom wahren Sinn der Arbeit“
- Erscheinen bei: Klett-Cotta Verlag
- ISBN: 978-3-608-98245-9 (Taschenbuch)
- Preis: Taschenbuch 12,00 Euro, Ebook 9,99 Euro
- Erhältlich zum Beispiel online bei **Buch7
Bullshit Jobs, es geht auch sinnvoller
Die Zahl der Bullshit Jobs hat mit den administrativen Tätigkeiten zugenommen, wie David Graeber in seinem Werk erläutert. Das muss jedoch nicht heißen, dass jeder neu geschaffene Job auch in diese Kategorie fällt. Auch außerhalb von der traditionellen „produktiven“ Branchen, wie Handwerk oder Landwirtschaft gibt es sinnvolle Jobs. Du kannst durchaus Beschäftigungen finden, die dich ausfüllen, die der Gesellschaft nützen oder die Umwelt schützen.
Einige Beispiele:
- Der Ratgeber für grüne Jobs
- Grünes Studium, hier findest du nachhaltige Studiengänge
- Jobs im Umweltschutz
- Berufe mit Kindern